FILMSAMSTAG

Filmsamstag am 14. Juli 2007

Studiokino Babylon Mitte


Teach Your Baby To Read Yael Bedarshi Israel/Deutschland, 1990, Farbe, 16mm (Super8 aufgeblasen), 8 Min.

Warten Anna Faroqhi Deutschland/Israel, 2003, Farbe, Video, 52 Min.

Teach Your Baby To Read. Yael Bedarshi studierte von 1989 bis 1995 an der Hochschule der Künste Berlin Malerei und Film. 1990, im zweiten Studienjahr, entstand dieser kurze Film, assoziativ Bilder und Töne mischend – da ist ihr Vater, da ist sie selbst als Kind, eine Stimme liest aus einem Buch –
beschwingt und rhythmisch ist er und „handelt vom Kind-Sein und der Angst vor dem Versagen“, schreibt Yael Bedarshi.

Warten. Eine Fahrt durch das nächtliche Tel Aviv, eine Stimme begleitet uns, sie wird uns eine Woche lang von ihrem Alltag berichten und einiges über die Stadt, und die Menschen, die darin leben, erzählen. Währenddessen werden wir langsam wie in einer Kutsche gefahren durch südländisch aussehende Straßen mit Häusern, die an das Bauhaus erinnern, Boulevards mit kleinen Läden und Cafés, Einkaufsstraßen voller Menschen, leere Straßen mit Bänken und schattigen Bäumen, manchmal hält die Kamera inne und folgt einem Vorübergehenden, dann geht es wieder bedächtig weiter, hin zum Strand mit den Strandläufern, den Kindern, wir halten an: ein Areal hinter Stacheldraht: Kasernen, Militär, Raketen, dann ein Markt, ein alter Mann, der sorgfältig an einem Stand die Äpfel prüft und in seine Tüte legt, ein kleines Mädchen auf dem Arm seiner Mutter, zwei kleine Jungs, die sich um einen Karton streiten, von dem wir hören, daß eine Gasmaske darin ist. Tel Aviv kurz vor dem Angriff der Amerikaner auf Bagdad. Israel befürchtet einen Angriff des Irak.

Bild und Erzählung laufen parallel, beide eigenständig, erinnern mich an eine Fuge. Es wird nichts besonders hervorgehoben oder begutachtet, es wird nur berichtet. Freunde rufen an, Micha, er hat noch eine Gasmaske vom letzten Krieg, glaubt aber nicht an die Gefahr, vier verschiedene Jobs hat er – als Überlebenstraining sagt er, dann Rafi, ein Juwelier, er fährt mit ihr in ein Café, in dem es kleine dreieckige Plätzchen gibt, ein Gebäck, das man nur zum Purim-Fest ißt, sie fahren zu Jordan, einem Engländer, der in einem gepflegten Haus wohnt und einsam ist, er kommt der Erzählerin vor wie ein englischer Lord, der seinen Platz im Leben noch nicht gefunden hat. Da wir alle diese Menschen nicht sehen, haben sie etwas Geheimnisvolles, sind wie Figuren in einem Roman.

Anna Faroqhis Erzählung beginnt am Sonntag, dem 16.3.03 während des Purim-Festes und endet am Sonntag, dem 22.3.03. In der Zeit wurde Bagdad von den Amerikanern bombardiert, was sie aus dem Fernsehen erfährt. Ihre Erzählung ist angelegt wie eine Chronik, doch wird deutlich wie fiktional auch ein solcher Bericht ist, wie schon durch die Sprache die Wirklichkeit sich verändert.

Schön ist auch die Musik und wie sie sparsam und unaufdringlich einige Akzente setzt (der Komponist ist Yshai Kalmanovitch).

Renate Sami