FILMSAMSTAG

Filmsamstag am 14. April 2007

Babylon-Mitte Studiokino Rosa Luxemburgstr.30 10178 Berlin


Helmut Färber und das Kino

Samstag, 14.04.07, 18 Uhr
Fernsehsendungen von Helmut Färber für den Westdeutschen Rundfunk, Redaktion Werner Dütsch

Fantasia 1978 9'14
Etwas über A Corner in Wheat (Filme von David W. Griffith aus dem MoMA, New York) 1983 26'30
Stroheim zum Gedenken 1985 11'55
Drei Minuten in einem Film von Ozu 1988 15'15
Dr. Cordelier und Professor Alexis. 2 x Jean Renoir 1989 19'21
(alle Beiträge werden in Betacam auf die Kinoleinwand projiziert)
auf Wunsch von Helmut Färber
Färblein von Bärbel Freund, Rainer Bellenbaum 1990/92 21' 16mm

Der Filmsamstag im April ist Helmut Färber gewidmet, der dieses Jahr seinen 70. Geburtstag hat. Ich kenne ihn, seitdem er mein Filmlehrer an der Hochschule in München war. Jeden Freitag, von morgens bis nachmittags, galt es, wie Jean-Marie Straub es ausdrückt, "Augen und Ohren zu waschen". Ober-
flächlicher Geschmack hatte keine Chance. Am Schneidetisch spulte er den Film in normaler Geschwin-
digkeit zurück und nicht im Schnelldurchlauf.
Heute höre ich immer dann von ihm, wenn er ein Buch im Eigenverlag herausbringt, eine Fernseh-
sendung, die er unter dem Schirmschutz von Werner Dütsch gemacht hatte, wieder zu sehen ist oder einen Vortrag hält. All diesen Arbeiten liegt eine Geisteshaltung zugrunde, die der Ungeduld eine klare Absage erteilt. In der zweibändigen Buchausgabe Das Leben der Frau Oharu (Saikaku ichidai onna) gibt er textlich (zusammen mit anderen Preziosen) die Bildeinteilung und Dialoge, fotografisch die Bild für Bild Reproduktion des Films von Kenji Mizoguchi wieder. Um zu dem vorliegenden herausragenden Ergebnis zu gelangen, wurde Helmut Färber zum Papierforscher. Er experimentierte mit den verschiede-
nen Materialien bis er das Bestmögliche gefunden hatte. Es ist eine Symbiose von Buchdruckkunst und Kinematografie. Das Können der einen wird der anderen im gegenseitigen Wechsel zum Vorbild gesetzt, zur Verfügung gestellt. Um einer klaren Aussage willen. Der Leser stößt auf Wesentliches, Sinnliches, hervorgerufen durch die Behutsamkeit und Gewissenhaftigkeit des Autors.
Seine Fernsehbeiträge sind ebenfalls konkrete Vorschläge wie Kinobildung aussehen könnte. In Dr. Cor-
delier und Professor Alexis.
2 x Jean Renoir kombiniert er zwei Filme von Jean Renoir, beide 1959 ge-
dreht und mit ähnlicher Thematik: natürliche Liebe versus Labordroge bzw. künstliche Befruchtung.
Drei Minuten in einem Film von Ozu untersucht die Architektur der Fahrradsequenz von Noriko und dem Assistenten des Vaters aus Spätfrühling (Banshun).
Filmwissenschaftler dieses Formats gibt es in Deutschland nur ganz wenige. Seine Art und Weise der Filmrezeption orientiert sich mehr an der cinephilen Leidenschaft und Tradition französischer Couleur.
Das macht Sinn, wenn man den rabiaten Einbruch des Kinos bei uns durch den Nationalsozialismus zu bedenken gibt. So ist Helmut Färber für manche unentbehrlich, andere nehmen keine Notiz von ihm.
Er besitzt die Fähigkeit, Film spürbar zu machen. Dadurch macht er ihn bewußt. Bei ihm in die Schule
zu gehen, bedeutet für zukünftige Regisseure, sich nicht von gängigen Moden manipulieren zu lassen, sondern Altes im Neuen zu erkennen, das Große des Kleinen schätzen zu lernen. Auf seinen Wunsch hin, zeigen wir auch Färblein von Bärbel Freund und Rainer Bellenbaum in diesem Programm.

Karl Heil