drei Filmemacherinnen, drei Freundinnen
Im Oktober 1979 haben wir angefangen an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin zu
studieren. Die DFFB war bekannt für einen politischen Dokumentarfilm, wir machten andere Filme.
Es gab damals eine große Veränderung hin zu einer mehr künstlerischen Filmsprache, die haupt-
sächlich von Studentinnen getragen wurde.
Wenn wir zurückschauen ist unsere 25jährige gemeinsame Geschichte eine sich ständig neu bildende
Kette unterschiedlicher Konstellationen von Zusammenarbeit. Wir haben 5 Filmprogramme ausgesucht,
die wir an zwei Abenden im Kino Arsenal und am Filmsamstag im Babylon-Mitte zeigen 19 Filme
von uns entstanden zwischen 1976 und 2004. Die Filme zeigen wie verschieden wir sind und auch, warum wir uns gerade deshalb so mögen und immer wieder miteinander arbeiten.
Ute Aurand, Bärbel Freund, Ulrike Pfeiffer
Ute Aurand, Bärbel Freund, Ulrike Pfeiffer kenne ich seit meinem Umzug nach Berlin 1980. Anfangs
eine Bekanntschaft um mehrere Ecken wurde daraus Freundschaft. Der etwa 12jährige Franz von
Lucke malte die drei nebeneinander mit buntem Stift auf ein Stück Papier, jede mit ihren entschei-
denden Merkmalen. In diesem Geiste diese Zeilen.
Ute Aurand. Bei ihr ging ich in die Schule des New American Cinema. Sie organisiert sehr gerne,
vornehmlich Filmreihen von, mit und für Filmpartisanen. Ihre eigenen Filme macht sie zusammen
mit ihrer ständigen Gefährtin zeitweise, der Bolex. Klick Klack Klack Klick, Ute dreht. Freunde,
Familie, Reisen tauchen in ihren Flakonfilmen auf wie Zeichen, sich selbst noch fremd, schon auf
dem Weg zu einem anderen.
Bärbel Freund. Ihre Domäne ist das ABC und der Wildwuchs, das vermeintliche Unkraut, am Weges-
rand. Sie gibt ihren Filmen Titel wie Färblein oder Kontinuum, der cinema verité vom Feinsten ist.
Alle ihre Werke strahlen eine didaktische Heiterkeit aus, streng und zärtlich sind sie.
Ulrike Pfeiffer. Sie bannt das Sonnenlicht am liebsten auf 35mm Filmmaterial zusammen mit Stoffen,
Kindern in Erwachsenenrollen gemischt mit richtigen Erwachsenen. Sie versprühen Pikanterie. Es ist
ein Kino wie vor Freud.
Alle drei verzichten auf eine Dramaturgie im herkömmlichen Sinne. Sie gehen weniger von der
Geschichte aus als von einem Konzept. Den Stein soweit wie möglich unbehauen lassen ist ihre
Maxime. Das gilt sowohl für ein Theaterstück, wie für eine Broschüre des Arbeitsamtes oder den
Alltag in Sekundenbruchteilen.
Seit ihrem gemeinsamen Studium an der DFFB arbeiten sie miteinander und helfen sich gegenseitig.
Wenn man etwas von ihnen sieht, dann ist es zunächst die Einfalt, der größte Schatz der Kinemato-
graphie, die innerlich jubilieren läßt. Spitzfindigkeiten sind ihre Sache nicht. Einordnungen in
bekannte Genres sind nicht möglich. Die Filme wollen mit dem Zuschauer einsam sein, nicht allein.
Davor zurückzuschrecken bedeutet, der Energie nicht habhaft zu werden, die ihnen innewohnt.
Läßt man sich darauf ein, wird es zu einem stillen Kino voll wunderbarer Macht.
Somit geben sie dem Film ein anderes Gewand, das dem alten sehr viel näher kommt als dem neuen.
Um nichts in der Welt sind die drei bereit diese künstlerische Unabhängigkeit aufzugeben. Wissen sie
doch, daß das Leben viel zu kurz ist, um schlechte Filme zu machen.
Karl Heil
Do 21.Okt.04 19 Uhr Arsenal Kino1
Arsenal Potsdamer Platz 2, 10785 Berlin
Salut Pierrot Ulrike Pfeiffer 2001 9,5min
Im Garten Ute Aurand, Bärbel Freund 2002 29min
Bärbel und Charly Ute Aurand 1994 35min
mit Bärbel Freund und Karl Heil
Pause mit Wein
Interview mit einem 13jährigen Bärbel Freund
1983 13min Hörkino
Michael Krebber und Bärbel Freund B. Freund,
M. Krebber 1981 3min
Negerküsse Ellen El Malki, Ulrike Pfeiffer 1976 5min
Sternlein stehen Ellen El Malki, U.Pfeiffer 1976 5min
Eisbahn Ulrike Pfeiffer, Bettina Thienhaus 1979 3min
Schweigend ins Gespräch vertieft U.Aurand 1980 7min
Umweg Ute Aurand, Ulrike Pfeiffer 1982 12min
Kontrapunkt der Tiere aus dem Stegreif B. Freund,
Karl Heil 2000 15min
Fr 22.Okt.04 19 Uhr Arsenal Kino1
Tulipan Bärbel Freund, Ute Aurand 2002 1,5min
Rokoko(chen) Ulrike Pfeiffer 1985 20min
Die Spielregeln Bärbel Freund 1985 52min
Sa 23.Okt.04 20 Uhr Filmsamstag langer Abend
Filmkunsthaus Babylon Rosa Luxemburg Str.30, 10178 Bln
Prinzessin auf der Erbse U.Aurand, U.Pfeiffer 1991 4min
Oh! die 4 Jahreszeiten U.Aurand, U.Pfeiffer 1988 20min
Halbmond für Margaret Ute Aurand 2004 18min
Die drei gerechten Kammacher B.Freund, Karl Heil 1994 19min
Rokoko Ulrike Pfeiffer 1997 81min 35mm