FILMSAMSTAG

Filmsamstag am 21. Februar 2004

Filmkunsthaus Babylon, Studiokino


JOEL AGEE - EINE AMERIKANISCHE JUGEND IN DER DDR
von Barbara Kasper und Lothar Schuster (D 2003/DV/110 Min.)


Joel Agee, Sohn des amerikanischen Schriftstellers, Dichters, Drehbuchautors und Filmkritikers James Agee, verbrachte zwölf Jahre in der DDR. Alma, seine Mutter hatte sich 1941 von Agee getrennt und war mit ihm (dem 1940 Geborenen) nach Mexiko gegangen, wo sie sich in den deutschen Schriftsteller und Exilanten Bodo Uhse verliebte. 1948 zog die Familie in den Ostteil Deutschlands, liess sich in Berlin nieder – bis Alma, nachdem ihre Ehe zerbrochen war, 1960 mit Joel und Stefan, dessen jüngerem Bruder, nach New York zurückkehrte.
Mit Joel Agee und nach seinem Buch Twelve Years. An American Boyhood in East Germany (New York 1981) haben Barbara Kasper und Lothar Schuster ihren Film gedreht. Orte der Kindheit, Bekannte, Freunde von früher, zufällige Begegnungen – von Agee gelesene Passagen aus seinem Buch: ein nun Dreiundsechzigjähriger versucht sich zu vergewissern, wie es damals war und wie es in ihm ausgesehen haben mochte. Ein Bericht aus dem Innenleben der DDR – und wie sich das Innenleben eines jugendlichen US-Amerikaners dazu verhielt, sich daran stiess. Weshalb es, das ist vielleicht die zentrale Frage des Films, trotz des doch auch Anreizenden des 'sozialistischen Versuchs' zu diesen Akten des inneren und äusseren Widerstands kommen musste und wie politisch sie als unpolitische waren. Keine Erinnerung, die je nach Interessenlage die Fakten ein bisschen zurechtrückt (also fälscht), sondern sich um Wahrhaftigkeit bemüht.
Dafür haben Kasper & Schuster eine Form gefunden (eine meist unbewegte und doch schmiegsame Kamera, keine Zwischenschnitte, keine Inserts) ... ein unscheinbares Filmemachen vielleicht, aber eines, das sich seiner Mittel gewiss ist, auf schöne Weise gereift.
Johannes Beringer