FILMSAMSTAG

Filmsamstag am 17. November 2001

Filmkunsthaus Babylon, Studiokino, Rosa-Luxemburg-Str.30, 10178 Berlin, 20 Uhr


Salut Pierrot - Ulrike Pfeiffer, 2001, 9,5min, Farbe/sw, 35mm
Antoine et Colette - François Truffaut, 1961/62, 21min, sw, 35mm, englisch synchronisierte Fassung
Jane erschießt John, weil er sie mit Ann betrügt - Rudolf Thome, 1968, 15min, sw, 35mm
L’invitation au voyage - Germaine Dulac, 1927, 24min, sw, 16mm, stumm
Rabbit’s Moon - Kenneth Anger, 1950, 7min, getöntes Schwarz-Weiß, 16mm

Ulrike Pfeiffer ist am 17. November unser Gast mit ihrem neuen 35mm Film „Salut Pierrot“, einer
pantomimischen Darstellung der bekannten Geschichte um Pierrot, Harlekin und die schöne Statue.
Der Zauber des sommerlichen Lichts, sowie die Spiegelungen im Wasser entführen in eine Welt, die
ganz ohne technische Raffinements ihre Schönheit entfaltet, eine natürliche Schönheit, die sich mal
bescheiden, mal effektvoll zeigt. Wir wollten gerne, daß Ulrike Pfeiffer das Programm für diesen
Abend auswählt. UTE AURAND, BÄRBEL FREUND, KARL HEIL


Ich habe fünf kurze Filme verschiedener Stilrichtungen ausgesucht. Alle Filme haben irgendwie mit
Liebe und Eifersucht zu tun, aber setzen jeweils andere Schwerpunkte. Die Wirkung des Aufeinander-
treffens der unterschiedlichen Filmstile funktioniert nur, wenn die Filme nicht zu lang sind, und ein
Stil den anderen nicht in Vergessenheit geraten läßt.
Die Freude an der Herstellung von Bildern im Film von Germaine Dulac, von 1927, weckte mein
fotografisches Interesse und ist der Grund für seine Auswahl zu diesem Programm. Die merkwürdige Tiefe jugendlicher Verliebtheit, der voyeuristische Blick auf einen schönen Nacken, oder der Blick in
die Welt eines Verlierers, waren Motive für die Auswahl der Filme von François Truffaut und Rudolf Thome. Die Filme der 60er Jahre sind mir am Nächsten, weil ich nichts intellektuell nachvollziehen
muß, sondern ihre Darstellungsweisen aus meinem Lebensgefühl dieser Zeit heraus kenne. Rabbit’s Moon von Kenneth Anger wirkt auf mich wie ein Edelstein, der in vielen Facetten glänzt. Er hat die Verspieltheit eines Films aus der Stummfilmzeit und gleichzeitig den Ernst eines Dramas.

ULRIKE PFEIFFER



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Ulrike Pfeiffer - Salut Pierrot. D: Inger Schwarz als Pierrot, Jan Göx als Harlekin, Sarah-Louisa von Saldern als Columbine, Anton von Lucke als kleiner Pierrot. Musik: Sergej Prokofjew.
Mal in schwarz-weißen, mal in farbigen Bildern wird eine Episode aus dem Leben des ewigen Verlierers Pierrot gezeigt. Seine von ihm vergeblich verehrte Columbine erobert der kluge Draufgänger Harlekin, während er, in den Licht- und Schattenspielen der Weiden, am Ufer eines Teiches einsam zurückbleibt.

François Truffaut - Antoine et Colette, (Teil eines Episodenfilms). D: Jean-Pierre Léaud, Marie-France Pisier, u.a. Musik: Berlioz, Mussorgsky, Borodin. Antoine ist 16 Jahre alt und arbeitet in einer Schall- plattenfirma. Bei einem Konzert, das er mit seinem Freund René besucht, trifft er Colette, in die er sich verliebt. Beim zweiten Treffen mit Colette sagt Antoine (im off):“Ich habe den ganzen Abend ihre Haare und ihren Nacken angesehen“. Obwohl sie ihn häufig zu sich einlädt, erwidert sie seine Gefühle nicht.
Als Colette von einem neuen Verehrer abgeholt wird, setzt sich Antoine mit ihren Eltern vor den Fernseh-
apparat.

Rudolf Thome - Jane erschießt John, weil er sie mit Ann betrügt. D: Elke Haltaufderheide, Marquard Bohm u.a. Schnitt: Danìele Huillet. „Eine Frau in Schwarz vor einer Musicbox, Jane in Schwarz auf dem Friedhof, sie wischt sich die Tränen aus den Augen. Jane hat John erschossen, weil er sie mit Ann betrog.“ Michael Esser

Germaine Dulac - L’invitation au voyage. Ein ruhiger, tiefsinniger Film, der in der dekorativen Um-
gebung eines Nachtlokals spielt. Ein Spiel mit realen Bildern und Gedankenbildern, die auf gleicher Ebene nebeneinander stehen, ohne surreal zu wirken. Man vergißt die Wirklichkeit, die einen aber schnell wieder einholt, indem ein imposantes Segelschiff sich zum simplen Souvenir in einer Hand verwandelt.

Kenneth Anger - Rabbit’s Moon. Gefilmt in Paris in einem Studio von Jean-Pierre Melville. Musika-
lische Begleitung 1970/78 von Andy Arthur. D: André Soubeyran als Pierrot, Claude Ravenant als
Harlekin und Nadine Valence als Columbine. Diese beunruhigende Geschichte spielt in einem Lametta-
wald, der an den Märchenwald aus dem Film von Max Reinhard und William Dieterle „A midsummer’s Night Dream“ (1935) erinnert, in dem Kenneth Anger als Kind eine Rolle gespielt hatte.