FILMSAMSTAG

Filmsamstag am 17. April 1999

Filmkunsthaus Babylon


Geschichten einer fernen Kindheit Hou Hsiao Hsien Taiwan/China 1985 145min 35 mm Farbe

Taiwan bedeutet Terrassengestade, es liegt in der Nähe von Hongkong vor der chinesischen Küste, und als die Portugiesen 1590 die Insel entdeckten, nannten sie sie Formosa, "die Schöne".

Hou Hsiao Hsien ist 1947 geboren und kam im selben Jahr mit seinen Eltern, die Festlandchinesen waren, nach Taiwan. Diese Insel mit ihren Kindern und Alten, den jungen Leuten, die in der Stadt ihr Glück suchen, den alten chinesischen Großfamilien, den kleinen Gaunern und Gangstern, den Karten- und Puppenspielern, diese Insel mit den in Terrassen angelegten Feldern, den schmalen sich den Berg hinaufziehenden Wegen, sie ist die heimliche Hauptdarstellerin der Filme Hou Hsiao Hsiens.

Die Geschichten, die er erzählt, sind alltägliche Geschichten, aber er erzählt sie kraftvoll und eigenwillig, unsentimental und voller Liebe zum Leben. "Geschichten einer fernen Kindheit" ist ein autobiografischer Film. Hou Hsiao Hsien: "Die Großmutter nannte ihn Ah-ha-gu. Sie glaubte, daß er einst ein großer Würdenträger werden würde und war deshalb immer besonders gut zu ihm. Ah-ha hatte einen älteren Burder, der 39 Kilo wog und keinen Kriegsdienst zu leisten brauchte. Er hatte auch einen jüngeren Bruder, der ein rohes Ei auf dem Handteller balancierte, während er Kalligraphie übte, noch einen jüngeren Bruder und eine nette, hübsche Schwester. Vater wollte drei, vier Jahre in Taiwan arbeiten und ließ es sich nicht träumen, daß er sich dort schließlich niederlassen, daß er dort krank werden und sterben sollte. Das war in dem Jahr, als Ah-ha die Grundschule abschloß."

"Geschichten einer fernen Kindheit" ist ein ganz wunderbarer Film, komisch und traurig zugleich, wie das Leben.

R.S.