Filmsamstag am 18. Oktober 1997
Filmkunsthaus Babylon
Schon lange gab es den Wunsch, endlich einmal Die Kammacher, und Die drei gerechten Kammacher von Karl Heil und Bärbel Freund zu zeigen.
Karl Heil machte in den 70er Jahren in München außergewöhnlich inspirierende Super8 Filme, die wir später einmal zeigen werden. Bärbel Freund ist einigen sicher durch ihren sowohl inhaltlich, als auch formal sehr konsequenten Film Kontinuum bekannt.
Der Film Die drei gerechten Kammacher basiert auf der gleichnamigen Novelle von Gottfried Keller.
Die Lektüre machte mich neugierig auf das darin genannte Handwerk. So kommt es, daß der Film aus zwei Teilen besteht: einem Dokumentarfilm über die traditionelle Herstellung von Hornkämmen, und einem Kurzspielfilm nach Motiven der Novelle. Am Anfang stand die Idee eines Gegenmodells, zu einer sonst üblichen Art und Weise, wie Berufe im Spielfilm dargestellt werden. Keinen Schwindel, sondern Authentizität. Wir wollten die Dokumentaraufnahmen in die Spielhandlung montieren. Als das nicht ging, haben wir uns für das Diptychon, die zweiteilige Form, entschieden und sind damit noch ehrlicher geblieben, als wir ursprünglich vorhatten. Es gibt jetzt wirklich so etwas wie das Alte und das Neue.
Karl Heil
Durch diese Idee, zwei völlig verschiedene Filmformen in einem zu zeigen, entsteht etwas drittes, jenseits des Sichtbaren. Ich kenne keinen vergleichbaren Film, dem diese Magie gelungen ist.
Die beiden Filme inspirierten uns zu einem Programm, in dem auf filmisch interessante und unterschiedliche Weise, Berufe thematisiert werden. Wir hatten einige Filme der Amateurfilmerin Elisabeth Wilms aus Dortmund gesehen, darunter Weihnachtsbäckerei, ein kurzer Film von 1943,
den sie in der Backstube ihres Mannes drehte. Wir spüren die Begeisterung hinter der Kamera bei
der Entdeckung filmischer Möglichkeiten, und die persönliche Atmosphäre, in der dieser Film entstand. Eine lustige Gemeinsamkeit ist, daß auch Karl Heil Sohn eines Bäckers ist.
Ute Aurand
Was mich an dem Film Weihnachtsbäckerei überrascht, ist die traumwandlerische Sicherheit, mit der sie von einem zum anderen geht, bei den einzelnen Tätigkeiten bleibt oder einem Ablauf folgt, sodaß der Rhythmus ganz von selbst zu entstehen scheint. Sie kannte sich so gut in der Backstube aus, daß sie nicht lange zu überlegen brauchte, und daher kommt, glaube ich, die Leichtigkeit.
Renate Sami
Zwischen der Entstehungszeit der einzelnen Filme, liegen jeweils fast dreißig Jahre.
Man kann das sehen an den gealterten Farben des Films, den gealterten Berufen, an der Art und Weise zu arbeiten, und wie die Menschen, die diesen Dingen hinter der Kamera gegenüberstanden, diese Dinge beobachtet haben.
Ich denke bei diesen Filmen, an Aufwand und Umfang, an die materielle und handwerkliche Dimension der gezeigten Arbeiten: aus Sand wird Glas, aus Horn werden Kämme, und aus Getreide wird Brot. Der Mensch steht in einem sicht-, und spürbaren Verhältnis zu den Dingen, zu den Abläufen, zu sich selber. In welchem Verhältnis steht der Film, der Filmmacher mit seiner Arbeit zu diesen Dingen und Abläufen?
Die Spannung der Filme besteht zu einem wesentlichen Teil aus diesem geahnten, beobachteten, geliebten und verinnerlichten Verhältnis.
Theo Thiesmeier
Fala Lala
Wenn eine Ehefrau allein irgendwohin fährt, so läuft der Ehemann ständig im Zimmer auf und ab und weiß nicht, wohin mit sich. Der Mann bekommt schrecklich lange Fingernägel, wackelt mit dem Kopf, und sein Gesicht bedeckt sich mit kleinen schwarzen Punkten. Ein Bild-, Tonbericht über die wundersamen Dinge, die beiden geschehen, bis sie schließlich ein glückliches Leben beginnen.
Karl Heil
Wie macht man Glas
Die Filme von Peter Nestler sind kurz und bündig. Sie haben nichts Nebulöses, Verklärendes oder Selbstverliebtes. Ihre Devise ist es, auf den Punkt zu kommen, Wort und Bild so einzusetzen, daß eins dem anderen nützt, nicht schadet.
Karl Heil
Fala Lala
von Karl Heil,
1991 16mm 11min
Die Kammacher
von Karl Heil,
1993 16mm 11min
Die drei gerechten Kammacher
von Karl Heil und Bärbel Freund,
1993 16mm 20min
Wie macht man Glas
von Peter Nestler,
1970 16mm 24min
Weihnachtsbäckerei
von Elisabeth Wilms,
1943 16mm/Video 12min